Ein Grund für die Krise unseres Glaubens ist das fehlende rechte Verständnis von „Glaube“. Wurde der Glaube unreflektiert übernommen, wird er sich früher oder später als haltlos erweisen und zurecht abgelehnt. Das betrifft nicht nur übernatürliche Wahrheiten, sondern zuerst innerweltliche. In unserer Zeit haben wir einen sehr ausgeprägten Glauben an die Wissenschaft. Glaube heißt hier nicht, ob das stimmt, sondern ob das Glaubensgut Sinn vermittelt. Ethische Werte bauen auf einer Weltanschauung auf, deren Grund ich nur glauben kann. Der Sinn im Leben ist letztlich nicht beweisbar, ich kann es nur im Glauben annehmen. Ob ich einem Menschen vertrauen kann, hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Wenn jemand an etwas Freude hat, dann kann man das nicht beweisen, dass muss man glauben. Hört aber jeglicher Glaube auf, dann hört auch das Leben auf, denn die Hoffnung auf das Leben ruht auf dem Glauben an das Leben.
Hannes Binder, Priester der Diözese Innsbruck