„Weil in der Herberge für sie kein Platz war“ (Lk 2,7)

Im Stall zu Bethlehem, dort, wo Ärmlichkeit und Schmutz sind, berühren sich Himmel und Erde. Nicht im Palast des römischen Kaisers. Nicht im Jerusalemer Tempel. Nicht in einer der Gelehrtenschulen in Athen und Alexandrien. Und nicht in einer Herberge, weil dort für die Fremden, die Familie Jesu, kein Platz war (vgl. Lk 2,7): „Nahe ist der Herr den zerbrochenen Herzen und dem zerschlagenen Geist bringt er Hilfe“ (Ps 34,19). Irgendwie wartet jeder Mensch auf die Ankunft Gottes in seinem Leben: auf Sinn und Erfüllung, auf Liebe und Leben und Frieden, der mehr ist als das Fernbleiben von Gewalt, Not und Krankheit. Wenn aber Gott anklopft, fremd, anders als erwartet, wird er nicht gehört und es gibt keinen Platz für ihn. Mit sich selbst beschäftigt, braucht man alle Zeit und allen Raum für das Eigene. Zeit und Raum sind mit einem selbst ausgefüllt. Man hat Angst, etwas zu verlieren. Sich selbst zu verlieren. Für Gott, der im Nächsten so fremdartig anklopft, bleibt nichts übrig, nicht einmal der Schritt über die Schwelle. Gott klopft an unsere Tür. Ist er willkommen? Kann er in unser Leben hereintreten? Haben wir Raum für ihn? Für die Flüchtlingsfamilien auf Lesbos, die in Schmutz, Kälte und Elend ihr Dasein fristen?

Der Himmel ist der Raum des Herzens Gottes. Und Gottes Herz hat sich in der Heiligen Nacht herabgebeugt. In einen Stall. In Ärmlichkeit und Schmutz. In der Erfahrung, draußen zu sein und nicht dazuzugehören. Die Erzählung von der Geburt Jesu schildert die gesellschaftliche Wirklichkeit, die wir erleben. Sie erzählt aber auch, dass sich Gott nicht aufhalten lässt. Er findet Wege durch alle Verschlossenheiten hindurch. So war es damals, als er durch einen Stall in unsere Welt eintrat, in einem Raum voller Ärmlichkeit und Schmutz. So war es damals mit den Hirten, die den Stern über dem Stall sahen und ihm folgten. Der Himmel ist die Demut Gottes, die in Stall herabsteigt und dort Wohnung nimmt. Wenn wir wie die Hirten auf diese Demut zugehen, treten wir ein in den Raum des göttlichen Herzens. Und Himmel und Erde werden sich in unserem Herzen berühren. Die Heilige Nacht ruft uns aufzubrechen. Herauszutreten aus den Verschlossenheiten unserer Existenz und Gott anzubeten – „in Geist und Wahrheit“ (Joh 4,23). In Wahrheit wird er nur dann angebetet, wenn wir unsere Welt für den Dienst an jenen öffnen, die draußen sind und nicht dazugehören, die Zuwendung brauchen und Hilfe nötig haben. In ihnen klopft Gott an unsere Tür. In ihnen wartet Gott auf uns.

Gregor Schwabegger OCist