Die Fastenzeit will uns auf Ostern vorbereiten. In ihr geht es um die Umkehr. Umkehr bedeutet Antwort auf die Frage zu finden: Wo will in meinem Leben die Liebe wachsen? Es geht darum, dass ich ein liebevollerer Mensch werde. Im Umgang mit mir selbst und im Umgang mit anderen. Wenn ich ein liebevollerer Mensch werde, nimmt auch die Liebe in meiner Mitwelt zu. Liebevoll werde ich, wenn ich mit anderen achtsam umgehe. Wie wir achtsamere und damit liebevollere Menschen werden, das können wir an Jesus lernen. Durch sein Leben zeigte er: Gott hat Sehnsucht nach dem vollen Leben und der vollen Liebe in uns.
Die Covid-Schutzmaßnahmen verlangen von uns, auf vieles zu verzichten. Wir spüren, dass in dieser Zeit mehr als sonst in uns negative Gefühle aufsteigen: Überforderung, Gereiztheit und Zorn, Niedergeschlagenheit, Angst und Hilflosigkeit. Die ersten Mönche, die im 4. Jahrhundert in der Wüste lebten, erkannten: Wir sind nicht verantwortlich für die Gefühle und Gedanken, die in uns aufsteigen, wir sind nicht unsere Gefühle und Gedanken, aber wir sind verantwortlich dafür, wie wir mit ihnen leben.
Eine tägliche Übung, die wir für die Fastenzeit ausprobieren können, ist, sich am Beginn des Tages vorzunehmen, nur für heute nicht über andere zu reden, sondern mit ihnen zu reden. Das wird vielleicht nicht immer gelingen. Und wenn wir über andere reden, weil es vielleicht gar nicht anders geht, sollten wir darauf achten: Reden wir über andere negativ? Wann reden wir über andere negativ? Wie wir andere Menschen wahrnehmen, sagt viel über uns selbst aus. Achtsamkeit heißt demgegenüber: Ich nehme mich und meine Mitwelt wahr, ohne mich von Gedankenströmen, Fantasien oder starken Emotionen leiten zu lassen, ohne meine Wahrnehmungen zu bewerten. Das, so die ersten Mönche, reinigt unseren Geist.
Möge diese Fastenzeit für uns alle eine Zeit der inneren Reinigung werden! Die Reinigung unserer Gedanken und Gefühle wird heilsam sein für uns wie auch für unsere Mitwelt.
Gregor Schwabegger OCist