Es ist ein Faktum, dass Behinderte auf Lieblosigkeit viel empfindlicher reagieren als Gesunde, auf Störungen schneller antworten und aufmerksam machen. Damit üben sie (ungewollt) für die Gesunden eine Kontrollfunktion aus, die zwar wichtig, für die Gesunden aber unbeliebt ist. Solche Irritationen erfahren wir nicht nur von Mitmenschen, sondern auch durch viele Situationen des Lebens. So beobachten wir auch im Straßenverkehr Behinderungen. Zunächst wurden die Straßen ausgebaut. Folge war, dass die Autos zu schnell fuhren und Unfälle passierten. Als Reaktion arauf werden nun zunehmend Straßen „zurück gebaut“, indem Bodenschwellen und andere Hindernisse (=Behinderungen) errichtet werden. Wer also danach trachtet, alle Behinderungen
um jeden Preis zu beseitigen und sie nicht nach ihrer kritischen Funktion befragt, strebt nach einer unmenschlichen Lebenswelt.
Hannes Binder, Priester der Diözese Innsbruck